Als Vorreiter der neuen digitalen Ökonomie wachsen die Internetgiganten mit einem atemberaubenden Tempo, von dem die Old Ökonomie nur träumen kann. Innerhalb weniger Jahre haben Apple, Google und Co. ihre Börsenwerte in schwindelnde Höhen geschraubt, sind zu wirtschaftlichen Weltmächten aufgestiegen und haben ihre Kriegskassen reichlich gefüllt. Zum Vergleich sind die drei führenden und althergebrachten deutschen Automobilbauer Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW eher kleine Lichter. So ist Apples Börsenwert über sechseinhalb-, die Netto-Liquidität rund sieben- und der Marktwert laut aktueller BrandZ-Studie über fünfeinhalbmal höher als die von BMW.
Nach Börsenwert und Geld, das für Investitionen zur Verfügung steht, ist Apple das wertvollste Unternehmen der Welt. Werden auch Daten der Markt- und Verbraucher-forschung berücksichtigt, dann ist Google im Markenranking laut aktueller BrandZ-Studie top..aktueller BrandZ-
Im Gegensatz zur traditionellen Wirtschaft (Maschinenbau, Automobilindustrie usw.) basiert der unbeschreibliche Erfolg der Hightech-Unternehmen auf das immaterielle Produkt Software, das ganz allgemein betrachtet, mechanische und elektronische System-Ausrüstungen oder auch rein elektromechanische Geräte sowie Dienstleistungen steuert oder beeinflusst. Es ist dieser kapitale Wert der neuen digitalen Ökonomie, der Weg und Tempo der neu entstehenden globalen Wirtschaftslandschaft bestimmt. Die klassischen Produkte spielen dabei zunehmend nur noch eine nachgeordnete Rolle. Ton und Takt geben die Technologiekonzerne an, die nicht nur eine überlegende Kapitalausstattung haben, sondern auch einen meilenweiten Vorsprung in der Informationsökonomie besitzen.
Infolgedessen verschieben sich mit einer bedenklichen Eigendynamik auch die wirtschaftspolitischen und faktischen Machtverhältnisse zugunsten der Technologiekonzerne. Sie bestimmen die neuen Marktregeln, auf die sich die herkömmliche Industrie einstellen, ja einlassen muss, will sie bei der Neuordnung der Wirtschaftslandschaft nicht hinten anstehen. Dabei besteht immer die Gefahr in eine hohe Abhängigkeit der neuen Wegbereiter zu geraten, die in Entwicklungsgeschwindigkeit, Kapital (-Power) und dem Willen, unmögliches zu realisieren, neue Maßstäbe setzen.
So manche Branche hat damit schon ihre negativen Erfahrungen gemacht. Und andere zittern nicht umsonst angesichts der beherrschenden Machtstellung von Google & Co. Denn schon längst beschränken sie sich nicht mehr nur auf ihre angestammten Marktplätze als Suchmaschinen-Betreiber, Elektronik-Konzerne oder Software- und Hardwarehersteller, sondern sie wachsen weiter in Breite und Tiefe des Ökonomiesystems und erobern stetig zusätzliche Branchen und entdecken andere Lebensbereiche als Geschäftsmodell.
Zuerst nahmen sie sich die Musikbranche vor. Es folgten die Wirtschaftszweige Bücher, Verlage, Telekommunikation, Versicherungen, Energie, Reisen usw., usw. Mit Googles jüngster Übernahme des Herstellers von vernetzten Thermostaten und Rauchmeldern beschreitet der Suchmaschinen-Gigant einen weiteren Weg noch mehr private Daten, nun aus Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bad und Küche, in sein System einzusammeln, Personenprofile daraus zu erstellen und zu vermarkten. Natürlich schläft die Konkurrenz nicht und arbeitet an vergleichbaren Betriebssystemen für die Hausautomatisierung. So will Apple demnächst mit dem iPhone das Heim fernsteuern. Microsoft ist ebenfalls nicht untätig und werkelt an einem entsprechenden System von Programmen.
Schon seit geraumer Zeit haben die Technologiekonzerne das Automobil als ergiebige Datenquelle ausgemacht. Mit CarPlay (Apple), Open Automotive Alliance (Google) oder Windows for Cars (Microsoft) bringen sie sich in Stellung, um den Zugang zu einer Branche mit hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung zu erhalten. Die Liste der Technologie-Partner liest sich wie das “Who is Who” der internationalen Automobilmarken: Mercedes-Benz, BMW, Audi, Opel, Ferrari, GM, Ford, Toyota, Nissan usw.
Dabei dürfte jedem klar sein, dass es den Internetriesen bei den Kooperationen mit den Autobauern nicht unbedingt darauf ankommt, größere Stückzahlen ihrer traditionellen Produkte im automobilen Bereich abzusetzen, die ohnehin nicht an die der Smartphones und Tablets heranreichen werden. Nein, ihr vorrangiges Interesse ist es, durch Implementierung ihrer Softwares, sich einen unmittelbaren Zugriff auf weitere verwertbare Daten zu sichern. Und das werden sie mit aller Konsequenz, Kapitalstärke und Innovationskraft verfolgen.
Gutes Beispiel dafür sind Googles Aktivitäten beim autonomen Fahren. Es ist kaum vorstellbar, dass Google unter die Automobil-Produzenten gehen wird. Viel näher liegt doch der Verdacht, der Suchmaschinen-Gigant will seine (neu) entwickelten, marktfähigen Softwares an die Autokonzerne verkaufen. Eben eine subtilere Art, eine marktbeherrschende Stellung anzustreben. Denn wer Herr über alle Informationen ist, bis hin zu biometrischen Daten der Kunden, der hat das Heft des Handelns fest in der Hand und bestimmt nicht nur die Markt-Spielregeln, sondern hat auch Zugang zu einem Goldgruben ähnlichen Geschäft.
Den Automobilherstellern ist das sicherlich bewusst. Und wenn nicht, dann gehören ihnen die Ohren gewaschen. Ob sie sich trotzdem der Dominanz von Google & Co. entziehen und mit ausreichenden eigenen Ressourcen und Kompetenzen den deutlichen Entwicklungsvorsprung der Technologiekonzerne in Sachen vernetztes und eigenständig fahrendes Automobil aufholen können, ist kaum vorstellbar. Das wäre allerdings fatal. Denn damit besteht die Gefahr, dass die Autobauer die Hoheit über die Fahrzeug- und Kundendaten verlieren und damit die Kernidentität ihrer Marken preisgeben. Sie wären dann nicht anderes mehr, als reine Produzenten von austauschbaren Blechkisten.
Damit das nicht passiert müssten sich die Internetriesen in die Riege der weltweit tausende von Zulieferbetrieben einreihen und sich wie alle anderen in einseitige Abhängigkeitsverhältnisse begeben und als Systemlieferant ihre Entwicklungs-, Produkt- und Prozesskompetenz dem Diktat der Autobauer unterwerfen. Bei aller Liebe, wer soll das glauben? Diese Vorstellung widerspricht nun komplett dem Selbstverständnis der weltgrößten Unternehmen!
Der aktuellen Automobilwerbung nach zu urteilen, scheinen die Hersteller auf die Zusammenarbeit mit den Technologiekonzernen recht stolz zu sein. Wenn das nicht mal in Enttäuschung umschlägt. Apple, Google & Co. sind keine gängigen Zulieferer, die sich in eine Zwangsjacke pressen lassen. Sie sind aus einem anderen Holz geschnitzt, agieren nach eigenem Gusto. Sie wollen die Vorherrschaft und natürlich Daten, Daten, Daten, die sie kaum mit jemand anderem teilen werden. Wir werden sehen, wer demnächst von wem abhängig ist?!