Fabrikatshandel versus Freie Werkstätten

Emblem Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe

Bild: ZDK
Interessengegensätze
zwischen freien und
Marken-Betrieben
brechen immer
mal wieder auf.

Da ist sie abermals, die Diskussion, über die Frage, ob der Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK) gleichzeitig der berufsständische Interessenvertreter der markengebundenen Betriebe und der Freien Werkstätten sein kann? Diese Debatte flammt schon seit Jahren immer mal wieder auf und zeigt den langwährenden Zwiespalt beider Lager innerhalb des Kfz-Gewerbes.

Ausgelöst wurde sie diesmal von Burkhard Weller, Geschäftsführender Gesellschafter der Weller-Gruppe, verbandsloser Mehrmarkenhändler mit 1Mrd.€ Umsatz in 2012 und 1900 Mitarbeiter. In einem Gastkommentar der Branchen- und Wirtschaftszeitung “Automobilwoche” plädiert er mit teils denunzierender Wortwahl für einen ZDK ohne Freie Werkstätten. Darin scheut er sich nicht, die Freien als Parasiten zu bezeichnen und unterstellt ihnen damit, sie würden einseitig Nutzen aus dem Vertragshandel ziehen und ihn schädigen.

Das ist mehr als der Griff in die unterste verbale Schublade; es ist arrogant, beleidigend und birgt die Gefahr, dass sein eigentliches Anliegen nicht wirklich ernst genommen wird. Dabei steht Weller, auf das Sachliche bezogen, nicht alleine dar. Nicht wenige Fabrikats-Mitglieder beklagen ebenfalls eine einseitige Interessenwahrnehmung des Zentralverbandes zum Vorteil der Freien Werkstätten.

Aber damit nicht genug: Interessengegensätze bestehen auch zwischen den kleinen und großen markengebundenen oder freien Betriebe sowie großen Händlergruppen. Bisheriger öffentlich sichtbarer Höhepunkt der Auseinandersetzungen innerhalb des ZDK, war die Ankündigung der Händlerverbände von VW/Audi und Opel/Chevrolet mit Wirkung zu 31. Dezember 2006 aus dem ZDK auszutreten. Letztlich haben beide davon abgesehen.

Spannungspotenzial birgt auch die Organisationsstruktur des Branchenverbandes. Hier die dezentral geführte Handwerksstruktur mit autarken Innungen und Landesverbänden mit hohem Eigeninteresse, dort die zentral geführten Handelsverbände, bei denen die großen Händlergruppen üblicherweise ein beträchtliches Stimmen-Gewicht besitzen. Verzwickter Weise sind die Mitgliedsbetriebe der Fabrikatsverbände überdies großteils in den Innungen organisiert und fühlen sich je nach Thema und Blickwinkel mal dem einen oder mal dem anderen Block zugehörig.

Bindeglied dieses heterogenen Gruppen-Konfliktgebildes ist der nicht autonome Dachverband ZDK, der die nicht leichte Aufgabe hat, die (berufsständischen) Interessen aller gleichermaßen zu vertreten, zudem Impulse fürs gesamte Gewerbe zu geben, die Umsetzung entwickelter Vorhaben voranzutreiben und Lobbyarbeit zu leisten.

Trotz der komplexen Organisationsstruktur und der individuellen, teils gegenläufigen Anliegen der unterschiedlichen Interessengruppen, erfüllt der Branchenverband seine Aufgaben bei aller berechtigter Einzelkritik sehr gut. Andere Wirtschaftszweige wären froh, sie hätten einen solchen bedeutenden, effektiven Interessenvertreter.

Eine Aufspaltung des ZDK, so wie es Burkhard Weller und seine Gesinnungsgenossen fordern, wäre allerdings ein Rückfall in die verbandspolitische bzw. Verbands-Struktur der Vergangenheit. Er schwächt nur das gesamte Kfz-Gewerbes. Einzelne Gruppierungen haben logischerweise weniger Überzeugungs- bzw. Durchsetzungskraft und Wirksamkeit als eine gebündelte Fraktion. Das liegt auf der Hand. Außerdem blieben bei getrenntem Marschieren die gegensätzlichen Positionen und Differenzen zwischen den Lagern weiter bestehen. Sie lösen sich ja wegen der Teilung nicht einfach in Luft auf. Sie würden, wenn überhaupt, dann eher kompromissloser und rücksichtsloser vertreten bzw. ausgetragen. Dabei stünden, wie soll es anders sein, die jeweiligen gruppenrelevanten individuellen Interessen im Vordergrund. Kollektive Interessen dagegen blieben auf der Strecke, wie etwa die, die das komplette Handwerk und mithin den gesamten Servicebereich oder europäische Angelegenheiten betreffen.

Mit der Aufspaltung nach Weller’scher Anschauung würde der gesamten Branche ein echter Bärendienst erwiesen. Gerade in den zentralen Fragen kommt es doch darauf an, mit einer einheitlichen starken Vertretung, für seine konkreten Vorstellungen zu kämpfen und notwendige Ziele durchzusetzen. Ob nun auf nationaler oder europäischer Ebene. Zersplitterte Gruppierungen sind da eher chancenlos.

Also wem nützt eine fragmentierte, ökonomisch geschwächte und durchsetzungsarme Verbandsstruktur? Niemandem, auch Burkhard Weller nicht!

Ernst Haack

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2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Guten Tag Herr Haack,

    ich habe hier heute Ihren Blog entdeckt und bin dabei auf diesen Beitrag gestoßen. Kurioserweise habe ich auf meinem Blog zu dem gleichen Thema erst heute etwas geschrieben. Siehe hier: http://wp.me/p1vqcE-IZ

    Ich sehe das etwas anders als Sie. Einerseits gibt es gemeinsame Interessen beider Lager, andererseits handfeste Gegensätze. Und die Gegensätze haben rein wirtschaftlich große Sprengkraft. Ich plädiere dafür, noch keine Festlegung zu treffen, dass die eine oder die andere Lösung die richtige sein wird. Nur weil Fritz Haberl die Verbände einmal zusammengeführt hat, muss das heute und für die Zukunft gesehen nicht mehr richtig sein.

    Um das herauszufinden, sollte innerhalb des ZDK, seiner Gliederungen und Mitglieder eine ergebnisoffene Diskussion geführt werden. Am Ende kommen u. U. etwas heraus, was einen Einheitsverband in ganz neuem Licht erstrahlen lässt. Oder eben auch, dass zwei Verbände die sinnvollere Lösung sind. Jetzt aber schon mit Rezepten der Vergangenheit die Zukunft besiegeln zu wollen, halte ich für den falschen Weg.

    Ihnen wünsche ich viel Erfolg mit dem Blog.

    Beste Grüße,
    Derek Finke

    • Ernst Haack

      Hallo Herr Finke,

      schön, dass Sie auf meinem Blog gelandet sind und sich zu Wort melden!

      Gegen eine Diskussion über Struktur und Ausrichtung des ZDK spricht natürlich nichts. Sie kann nur nützlich sein und den Verband weiter nach vorn bringen.

      Nun ist es aber nicht so, als gäbe es keine Debatten über Verbandsarchitektur, Zusammenarbeit, Zuständigkeiten und Zukunft innerhalb des Verbandes. Sie werden sehr wohl intensiv geführt. Und zwar, ohne dass im Voraus das Ergebnis feststeht. Dazu könnte man die autonomen Mitglieder des Verbandes, wie Fabrikat- und Landesverbänden, sowieso nicht überreden. Sie würden sich auf einen solchen Winkelzug nicht einlassen.

      Dennoch ist es bei einem Zentralverband geblieben. Für mich heißt das, die Mehrheit aller Beteiligten kommen zu dem Schluss, es gibt trotz aller Kritik und Verbẹsserungsbedürftigkeit keine Alternative zum Zentralverband. Auch jene, die mit Austritt drohten, haben sich schlussendlich zu einer berufsständischen Interessenvertretung bekannt. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie alle an Nostalgie leiden. Hier spielt wohl eher die Einsicht die ausschlaggebende Rolle, dass ein gemeinsamer und damit starker Branchenverband letztlich allen zugute kommt.

      Ihre Anmerkung (…, dass zwei Verbände die sinnvollere Lösung sind.) konsequent zu Ende gedacht, könnte eine Aufspaltung des ZDK in drei, vier oder mehreren Einzelverbände bedeuten. Denn unterschiedliche Interessenlagen oder Divergenzen bestehen nicht nur zwischen Markenhandel und Freien Werkstätten, sondern auch zwischen Handel und Handwerk, kleinen und mittleren Unternehmen sowie großen Händlergruppen, aber auch Familienbetrieben und Aktiengesellschaften. Teilweise führen die Trennungslinien mitten durch einzelne Betriebe.

      Gott bewahre das Kfz-Gewerbe vor einer solchen Zerschlagung. Denn die politische und berufsständische Bedeutung und Schlagkraft der entstandenen „Splitter-“Gruppen wäre ausgesprochen mickrig. Zudem blieben die übergreifenden Fragen und Themen des Kfz-Gewerbes mit Sicherheit auf der Strecke. Wer soll sie dann in Angriff nehmen, von denen es genügend gab/gibt und einige davon von existenzieller Bedeutung sind.

      Als Beispiele nur so viel: GVO, hoheitlich Aufgaben, wie (ASU)AU, die Verwaltung und Vergabe für AU-, HU-, Feinstaub-Plaketten, Siegel etc. Oder aktuell das Engagement des ZDK in Sachen Rundfunkgebühr.
      Aus diesen Gründen und auch wegen der gewachsenen ökonomischen Bedeutung des Servicebereichs in allen Betrieben halte ich einen fragmentierten Verband für die schlechteste Lösung und plädiere deshalb für den Erhalt des ZDK. Wohl wissend, dass er sich weiterhin bei einer einheitlichen Meinungsfindung bisweilen äußerst schwer tun wird und mitunter, auch getrieben von Egoismus, Eitelkeiten und Eifersüchteleien, die unterschiedlichen Interessen einfach nicht auf einen Nenner bringen kann. Aber das liegt nun mal in der Natur aller Verbände. Sie leben immer im Spannungsfeld eines Für und Wider. So auch der ZDK. Aber deshalb seine Legitimation infrage zu stellen oder seinen geforderten Verbleib mit „Rezepten der Vergangenheit“ zu bezeichnen, ist eindeutig die falsche Schlussfolgerung.
      Nein, neben allen anderen Fragen, wie steuer-, sozial- und verkehrspolitische Themen und Organisation von Ausbildung und Qualifikation im Kfz-Gewerbe, bedingt das große Ganze und Machbare im Fokus zu behalten, einen anerkannten und auf Augenhöhe argumentierenden Vertreter, der alle Interessengruppen vertritt.

      Nehmen wir nur mal die Fragen um europäische Regelungs- und Gesetzgebungsverfahren. Glauben denn Fabrikatsverbände oder Freie Werkstätten, sie hätten als jeweiliger Einzelverband ihre unterschiedlichen Interessenlagen, etwa bei GVO, Designschutz oder anderen Themen, in Brüssel einflussreicher vertreten und bessere Bedingungen für ihre Fraktionen erzielen können als der Dachverband, obwohl die EU-Kommissionen bei allen Vorhaben eine Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer als Maxime voranstellen? Wer’s glaubt, wird selig!

      Übrigens: Die Verbände des Kfz-Handel (Abkürzung auch ZDK) und des Kfz-Handwerk (ZVK) sind übrigens existent. Sie agieren als Fachverbände und sind Träger des Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK). Sie vertreten ihre jeweiligen Mitglieder in allen Fragen. Eine (integrierte) Zweiteilung hat also im ZDK schon lange Bestand.

      Viele Grüße
      Ernst Haack